Schauspiel von Max Frisch – Theater St. Gallen
In einer Zeit, als Toleranz im Kleinstaat Andorra noch etwas galt, gab der Lehrer Can seinen unehelichen Sohn Andri als gerettetes Judenkind aus. So waren ihm Respekt und Unterstützung gewiss. Inzwischen aber ist Andorra vom Antisemitismus durchsetzt, welcher mal offen, mal versteckt zutage tritt: Für seine Ausbildung zum Tischler muss Andri mehr Lehrgeld bezahlen, die Ehe zu Barblin, von der er nicht weiss, dass sie seine Halbschwester ist, wird ihm unter religiösen Vorbehalten untersagt, ohne ihm die Wahrheit zu offenbaren. Denn mittlerweile entspricht Andri nach Meinung der Andorraner genau jenem Bild, das sie sich schon immer von einem Juden gemacht haben und welches sie ihm einzubläuen nicht müde werden. Zum Anderssein gezwungen, fügt sich Andri im Ringen um die eigene Identität schliesslich in das ihm zugedachte Schicksal.
MAX FRISCH, (1911–1991), der mit Romanen wie «Stiller», «Homo Faber» und «Mein Name sei Gantenbein» weltbekannt wurde, beschäftigte sich in seinem Werk virtuos mit dem Thema der menschlichen Identitätsfindung. In der Skizze «Der andorranische Jude» formulierte er bereits 1946 in seinem «Tagebuch» sein späteres Lebensthema, das 1961 in «Andorra» zur Bühnenreife gelangte. «Andorra», unter dem Eindruck der Judenverfolgung und ihrer späteren Verdrängung entstanden, ist heute ein moderner Klassiker und eine zeitlose Parabel über die Mechanismen der Meinungsmache gegen das Anderssein.
PRODUKTION Theater St. Gallen
INSZENIERUNG Katja Langenbach
BÜHNE Katrin Hieronimus
MUSIK Roderik Vander Straaten
KOSTÜME Julia Ströder
MIT Luzian Hirzel, Bruno Riedl, Danielle Greene, Matthias Albold, Christian Hettkamp, Tobias Fend, Diana Dengler
ABO Gemischt
PREISE 50.– | 40.– | 30.– | 20.–
INFO Talk im Theater 18:45 Uhr